War Freddy Quinn in der DDR verboten?

Dieses Thema enthält 4 Antworten, hat 1 Stimme, und wurde zuletzt vor vor 3 Jahre, 3 Monaten von  Eduard KLINGER aktualisiert.

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  • #62188 Antwort

    Siegfried Naujeck

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich habe gelesen, Freddy sei wegen „Eine Handvoll Reis“ und „Hundert Mann und ein Befehl“ einige Jahre in der DDR verboten gewesen. Diese Aussage interpretiere ich nun so, dass jenes Verbot irgendwann wieder aufgehoben wurde bzw. der Sänger vor der Aufnahme besagter Titel durchaus in der „Ostzone“ auftreten durfte.

    Für Ihre Mühe danke ich Ihnen und verbleibe

    mit freundlichen Grüßen

    Siegfried Naujeck

    P.S.: Gern können Sie mir auch eine Whatsapp schreiben bzw. mich anrufen unter 0174 5830959. Oder per Festnetz 03496 219046.

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  • #62198 Antwort

    Dieter Briese

    Hallo,

    da lässt sich viel zu sagen. Ich empfehle einfach einmal folgendes Buch:

    Heinz Quermann: Ihr Heinz – der Quermann

    aus dem Jahre 1992.

    In diesem Buch gibt es ein langes Kapitel über einen Auftritt von FQ in Leipzig aus dem Jahre 1978 (?). Das Buch ist vergriffen, man kann es aber ggfs. bei E-Bay noch erhalten. Nicht nur das Kapitel über FQ ist lesenswert, der übrigens mit einem abgelaufenem Pass in die DDR eingereist ist, aber das nur am Rande.

    Ansonsten war, und das ist richig, FQ bei den „Oberen“ der DDR nicht besonders beliebt, Titel wie „Unter frendem Sternen“ oder „100 Mann und ein Befehl“ sowie „Heimweh“ entsprachen nicht der Parteilinie…….! Die Bürgerinnen und Bürger haben natürlich die Westsender gehört und kannten die Lieder von Freddy Quinn genau. Ich habe in den 70er Jahren die eine oder andere LP von FQ in die DDR verschickt, die kamen immer sehr gut an und wurden entsprechend oft auf Kassette kopiert. Es muss auch mal eine Lizenzpressung auf Amiga (dem DDR-Label) gegeben haben, aber darüber weiß bestimmt das Archiv mehr (und ob dafür überhaupt Tantiemen gezahlt wurden).

    Viele Grüße

    Dieter

  • #62265 Antwort

    Siegfried Naujeck

    Hallo, Dieter!

    Danke für die so fundierte und kompetente Auskunft. Auf Ihre freundliche Empfehlung hin bestellte ich gleich das Heinz-Quermann-Buch. Und wie Sie schon ganz richtig anmerkten, wird die Lektüre jenes „Quermanns“ (der gern mit seinem Namen kokettierte) wohl nicht nur wegen Freddys Auftritt in Leipzig um 1978 und dessen Einreise in die DDR mit einem abgelaufenen Pass interessant sein. Weilte der berühmte „Ost-Entertainer“ doch nach 1945 einige Jahre in Köthen, wo auch ich geboren und wohnhaft bin. In einem traditionsgeweihten Café erinnert ein eingerahmtes Heinz-Quermann-Bild noch an die Zeit in jener Stadt, wo der große Johann Sebastian Bach die sechs glücklichsten Jahre seines Lebens verbrachte.

    Wenn der bei den DDR-Oberen nicht besonders beliebte Jahrhundert-Sänger trotzdem in ihrer „demokratischen“ Republik auftreten durfte, diktierten die Diktatoren ihm bestimmt, was er zu singen habe. Oder? Neben den von Ihnen erwähnten Stücken dürften vor allem die herrlichen Legionärslieder („Michael und Robert“ stammt sogar aus Freddys Feder) und nicht zuletzt das von dem jüdischen Komponisten und Texter, Fritz Rotter, geschriebene Werk „Wir“ den Ausschlag für die Abneigung der damals Herrschenden gegeben haben.

    Es war ehrenwert, dass Sie Freddy-Tonträger in den „eingemauerten Teil Deutschlands“ schickten. Wegen der Lizenzpressung auf Amiga kann sicher das Archiv in Wien helfen, dem ich gern einmal einmal einen Besuch abstatten würde.

    Wann genau und warum kam es Ende der 60er Jahre zum Bruch mit Lot(h)ar Olias?

    Ich freue mich, in Ihnen einen so versierten und kompetenten Ansprechpartner rund um unseren Freddy Quinn gefunden zu haben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Siegfried

    P.S.: Wird es im bevorstehenden 90. Lebensjahr Freddys irgendwo eine Veranstaltung bzw. ein Treffen des Freundeskreises o. Ä. geben?

    • #64870 Antwort

      Eduard KLINGER

      Hallo Siegfried!
      Kurze Frage – ist es Ihnen gelungen, das Quermann-Buch „Ihr Heinz, der Quermann“ zu finden? Im Kapitel „Die Freddy-Quinn-Story“ von Seite 147 bis 161 wird ausführlich über Freddy in der DDR berichtet. Wenn nicht, schreiben Sie uns – wir würden Ihnen diese Seiten in Kopie zusenden.

      Ihre Frage, ob anlässlich Freddy’s 90. Geburtstag ein Treffen geplant ist beantworten wir wie folgt:
      Wir hatten 2016 zum 85. Geburtstag von FQ und zur gleichzeitigen Eröffnung unseres neuen Archiv/Museum’s ein 10tägiges „Festival“ veranstaltet (23.9. bis 2.10.2016). Zwei Kamerateams des ORF und ein Team von der ARD (Brisant) haben über uns berichtet. Außerdem hat Radio Niederösterreich eine 2stündige Jubiläumssendung in der Reihe „Da Capo“ bei uns zusammengestellt. Ähnliches erwarten wir auch zum 90. Geburtstag – aber erstmals muss uns Covid19 verlassen haben. Derzeit ruhen sämtliche Club-Aktivitäten bei uns in der Wohnhausanlage. Für ein eventuelles Fest stünden uns neben unserem Archiv- bzw. Museumsraum ein ca. 100 m2 großer Kinoraum und ca. 50 m2 Gesellschaftsraum zur Verfügung. An den 10 Festtagen standen unsere Türen von 15 h bis 22 h offen – jeder Gast war willkommen. Für Getränke und Snacks war gesorgt. Es war ein großer Erfolg – wir waren danach reif für ein Erholungsheim. Nun – am 90er kann man nicht vorbeigehen. Aber erst muss Klarheit über mögliche Veranstaltungen herrschen. Näheres folgt zeitgerecht.
      Soviel für heute – adventliche Grüße aus Wien Brigitta & Eduard

  • #62299 Antwort

    Dieter Briese

    Hallo,

    vielen Dank für das Lob, dass ich aber gern an das Wiener Archiv weitergeben möchte. Das sind die wahren Experten und noch so einige andere aus den diversen Foren. Ich weiß manches, aber lange nicht alles, und Freddy-Fan wurde ich – aufgrund meines „jugendlichen Alters“ (derzeit noch knapp unter70) – erst so um 1965 im Teenager-Alter. Natürlich habe ich die alten Platten bzw. LPs/CDs auch, aber was so in den 50er und Anfang der 60er Jahre so alles mit und um FQ passiert ist, habe ich bewußt nicht miterlebt.

    Aber zu der Frage, FQ und Auftritte in der DDR. Dazu muss man wissen, dass FQ natürlich in der DDR bekannt war, man hörte schließlich West-Radio und schaute West-TV (sofern das möglich war, es gab auch „Funklöcher“). Aber seit 1958 wurde nach und nach das Abspielen „westlicher“ Musik in den DDR-Medien zurückgefahren. Schließlich kostete das Abspielen der Musik Geld (Tantiemen) und die DDR war immer knapp mit Devisen. Es wurden „eigene“ Künstler aufgebaut, die ein ähnliches Repertoire hatten wie die Westkünstler, egal ob FQ, Peter Alexander oder Catharina Valente. Nach dem Bau der Mauer 1961 waren auch die Auftritte von Westkünstlern erst einmal gar nicht mehr möglich.

    Erst Mitte der 60er Jahre durften wieder Künstler aus dem Westen auftreten, z.B. Udo Jürgen u.a. Aber: FQ war unerwünscht (später auch Udo Lindenberg) seine Lieder waren bei den Offiziellen nicht erwünscht. Das lag auch an den Liedern, die viefach (natürlich nicht nur!!) von Fernweh und Reisen in die Ferne handelten, das war ja für den „einfachen“ DDR-Bürger nicht möglich. Dazu kam – und das wird auch im Buch von Quermann geschildert, dass der Chef-Kommentator des DDR Fernsehen, Karl-Eduard von Schnitzler, in seiner viele Jahre lang ausgestrahlten Sendung „Der schwarze Kanal“ das Lied von FQ „Hundert Mann und ein Befehl“ zerrissen hat, Zitat: „Lied der Kriegstreiber“. Damit war das Thema FQ inoffiziell , vielleicht auch offiziell, in der DDR beendet. Wahrscheinlich gab es keine schriftlichen „Befehle“, aber es gab auch keine Einladungen mehr.
    Wie es zu dem Auftritt von FQ im Jahre 1978 kam, wird in dem Buch sehr anschaulich geschildert, ist wirklich lesenswert.

    Zu den anderen Fragen mögen sich bitte andere Experten äußern, dazu kann ich nichts Konkretes beitragen und Vermutungen möchte ich nicht äußern.

    Sollte ich etwas nicht richtig wiedergegeben haben, so bitte ich um Korrektur. Wie gesagt, ich weiß manches, aber lange, lange nicht alles und es gibt absolute Experten unter den FQ-Fans, die noch so manches erzählen könnten.

    Vielleicht hat das Archiv Informationen, ob FQ – außer 1978 – jemals – vielleicht in den 50er Jahren schon – in der DDR aufgetreten ist. Das würde mich auch sehr interessieren.

    Viele Grüße

    Dieter

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